Was ist Focusing?
Begleiten im Kontakt mit dem inneren Erleben.
Begleiten im Kontakt mit dem inneren Erleben.
Focusing wurde nicht erfunden, um zu funktionieren. Es entstand aus einer einfachen, aber tiefgreifenden Beobachtung: In therapeutischen Gesprächen war nicht die Methode entscheidend, sondern die Fähigkeit von Menschen, mit ihrem inneren Erleben in Berührung zu kommen.
Eugene T. Gendlin, Philosoph und Psychotherapeut, forschte in den 1960er Jahren mit Carl Rogers am Psychologischen Institut der Universität Chicago.
Dabei stellte er fest: Es waren nicht die professionellen Techniken, die Veränderung ermöglichten.
Es war das, was Menschen in sich wahrnahmen – bevor sie es in Worte fassen konnten.
Genau dieses innere Spüren wurde zum Ausgangspunkt.
Gendlin nannte es den Felt Sense und entwickelte daraus einen Zugang, der hilft, diesem vagen, aber bedeutsamen Erleben zu begegnen.
Wie auch in der Idiolektik steht nicht das Verstehen im Vordergrund, sondern das Vertrauen in die Sprache eines Menschen, so, wie sie kommt.
Beide Ansätze öffnen einen Raum, in dem Bedeutung nicht erzeugt, sondern entdeckt wird. Im Dialog mit dem, was innerlich schon da ist.
„Wenn du das fühlst, was du noch nicht kennst – das ist Focusing.“
– Eugene Gendlin
Gendlin war kein klassischer Therapeut. Sein Denken war körpernah, sprachbewusst und phänomenologisch geprägt.
Mit seinem Werk Experiencing and the Creation of Meaning prägte er nicht nur die Psychotherapie, sondern auch die Philosophie des Erlebens.
Er betrachtete den Menschen als ein sich selbst verstehendes Wesen, nicht als Objekt, das „behandelt“ werden muss.
Focusing ist in diesem Sinn kein Tool, das etwas bewirkt, sondern eine innere Praxis, die dem eigenen Spürwissen Raum gibt.
Focusing wirkt durch Haltung. Nicht durch Technik.
Es braucht keine Lösungsvorschläge, kein Deuten, kein Lenken.
Wirklich hilfreich ist die Fähigkeit, da zu sein:
wach, zugewandt und bereit, auch das Unklare mitzutragen.
Diese Haltung trägt drei einfache Qualitäten:
Focusing heißt: einen Raum zu halten, in dem sich etwas zeigen kann.
Nicht weil es gewollt ist , sondern weil es darf.
„Der Körper weiß, was die Seele braucht – bevor der Verstand es versteht.“
– Eugene Gendlin
Focusing kann als eigenständige Methode praktiziert werden – im Selbstkontakt, in Dyaden oder in therapeutischer Begleitung.
Es lässt sich aber auch in nahezu jedes berufliche Setting integrieren: Therapie, Coaching, Beratung, Pädagogik oder Führung.
Das, was schon da ist
Im Zentrum von Focusing steht ein Erleben, das sich oft nur schwer greifen lässt – und doch ganz gegenwärtig ist.
Dieses Spüren hat Gendlin einen Namen gegeben: Felt Sense.
Ein Begriff, der sich bewusst nicht übersetzen lässt.
Weil er auf etwas verweist, das zwischen Sprache und Körper entsteht. Ein vages, aber bedeutsames Ganzes.
Mehr als ein Gefühl. Mehr als ein Gedanke.
Ein Felt Sense ist wie ein stiller Hinweis aus dem Inneren. Er entsteht, wenn man innehält, wenn das Reden eine Pause macht und der Körper beginnt, sich zu Wort zu melden.
Er kann sich anfühlen wie ein Knoten im Bauch.
Oder wie eine Enge im Brustraum.
Manchmal erscheint er als Bild: ein Raum ohne Fenster, eine dunkle Farbe, ein Stein auf dem Herzen.
Was all diese Wahrnehmungen verbindet: Sie tragen Bedeutung.
Nicht erklärbar – aber spürbar.
Oft beginnt dieser Prozess mit einem Satz wie:
„Ich weiß nicht, was das ist … aber es ist da.“
Focusing nimmt diesen Moment ernst.
Er gilt nicht als Unklarheit, die man beseitigen muss, sondern als Anfang.
Wenn man dem Felt Sense zuhört, ohne ihn zu verändern, beginnt er sich zu entfalten.
Er wird greifbarer, konkreter, oft auch leichter.
Nicht, weil jemand ihn verstanden hat, sondern weil er da sein durfte.
Der Felt Sense ist keine Technik.
Er ist der Ort, an dem sich etwas bewegt, noch bevor es gesagt wurde.
Präsenz, die nichts will
Focusing ist mehr als ein innerer Prozess. Es ist auch ein Beziehungsgeschehen.
Ein Gesprächsraum, der entsteht, wenn zwei Menschen da sind. Nicht um einander zu erklären, sondern um gemeinsam etwas zu halten, das sich erst zeigt.
Die begleitende Person gibt keine Richtung vor. Sie hat keine Deutung, keine Lösung, kein Ziel.
Was sie mitbringt, ist: Präsenz.
Ein Dasein, das sich nicht aufdrängt. Eine Aufmerksamkeit, die nicht bewertet.
Ein Lauschen, das nicht unterbricht, auch nicht mit Absicht.
„Ich weiß nicht, was das ist … es fühlt sich irgendwie … komisch an.“
„Dieses Komische … magst du einfach mal dabeibleiben … wie es sich anfühlt …?“
Das ist keine Technik. Das ist eine Einladung. Still, wach, zugewandt.
Die begleitende Person bleibt an der Seite des Erlebens, nicht darüber.
Sie hält aus, wenn etwas stockt.
Sie bleibt präsent, auch wenn noch nichts da ist.
Focusing braucht diesen Raum – nicht um ihn zu „nutzen“, sondern damit sich etwas zeigen kann, das ohne diesen Raum nicht auftauchen würde.
Wer begleitet, weiß nicht, was kommt.
Aber er oder sie weiß: Etwas kommt, wenn es Platz hat. Das reicht.
Diese Haltung verändert Gespräche.
Weil sie nicht beschleunigt.
Weil sie nicht eingreift.
Weil sie mitgeht – und gerade darin Halt gibt.
„Du musst hier nichts erklären. Ich bin da.“
Innenräume öffnen
Focusing ist kein Werkzeug, um etwas zu „lösen“.
Aber es schafft Bedingungen, unter denen sich etwas lösen kann. Nicht auf Anweisung – sondern aus sich selbst heraus.
Wenn Menschen in ihrem inneren Erleben begleitet werden, ohne analysiert oder korrigiert zu werden, dann entsteht ein Raum, in dem sie sich selbst neu begegnen.
Nicht spektakulär. Aber tief.
Focusing führt nicht zu schnellen Antworten.
Aber oft zu einer Erfahrung, die mehr verändert als jede Einsicht:
Ich darf bei mir sein – mit dem, was da ist.
Was das möglich macht:
„Ich wusste das irgendwie schon lange – aber ich hatte keinen Raum, es auszusprechen.“
Focusing verändert nicht nur die, die begleitet werden.
Es verändert auch die Art zu begleiten.
Weil es nicht um Antworten geht.
Und nicht darum, das Gegenüber „besser zu verstehen“.
Sondern um ein Mitgehen – das offen bleibt.
Was daraus entsteht:
Focusing verändert keine Haltung.
Es lebt eine – und lässt sie wachsen.
Ein Focusing-Gespräch beginnt oft unscheinbar. Kein Ziel im Raum. Keine vorbereitete Struktur.
Nur ein Mensch, der sagt:
„Ich weiß nicht, ob das wichtig ist … aber da ist etwas, das mich nicht loslässt.“
Und dann: ein Innehalten.
Ein Lauschen – nicht auf Gedanken, sondern auf das, was sich darunter bewegt.
Focusing ist eine Sprache, die nicht von Anfang an weiß, worauf sie hinauswill.
Sie entsteht im Gehen.
Sie tastet sich vor – manchmal stockend, manchmal bildhaft, oft leise.
Was zählt, ist nicht, was gesagt wird. Sondern wie es sich im Körper anfühlt, es zu sagen.
Und ob das, was gesagt wird, wirklich passt.
Klient: „Es fühlt sich an … wie eingesperrt. Aber nicht wirklich. Mehr wie …
ein Raum in mir, ohne Tür. Und ich bin drin.“Begleitung: „Ein Raum ohne Tür … magst du einfach mal dorthin spüren … und schauen, wie das ist?“
Klient: „Er ist nicht bedrohlich. Eher still. Ich glaube, ich hab mich da zurückgezogen.“
Begleitung: „Ein stiller Rückzugsraum …?“
Klient: „Ja. Und jetzt ist er eng geworden. Vielleicht, weil ich zu lange dort war …“
(Pause)
„Es tut gut, das einfach zu merken. Ich muss da nicht raus. Aber ich weiß jetzt, dass ich drin bin.“
Was daran Focusing ist?
Dass niemand das Bild erklärt hat.
Dass niemand gefragt hat: Warum?
Dass niemand wusste, wo es hingeht.
Und trotzdem – oder gerade deshalb – ist etwas klar geworden.
Focusing ist eine Sprache der Übergänge.
Sie muss nicht richtig sein, nur stimmig.
Und diese Stimmigkeit spürt nicht der Verstand, sondern der Körper.
Wo Worte nicht funktionieren müssen, finden sie oft von selbst ihren Weg.
Ein Raum für das, was noch keine Worte hat
Focusing lässt sich nicht über ein Konzept verstehen.
Denn es geht nicht darum, etwas zu wissen, sondern darum, etwas zu spüren.
Im Gespräch. Im eigenen Körper. In einem Moment, in dem kein Ziel im Raum steht, aber ein echtes Dasein.
Wenn du wissen willst, wie sich das anfühlt: Probier es aus.
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